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Physik für Schülerinnen und Schüler

Impuls-Erhaltungssatz (IES)

© H. Hübel Würzburg 2013

Empfohlene Glossarthemen:

Energie

kinetische Energie

Impuls

Vektor

Glossar zur Physik für Schülerinnen und Schüler

Physik für Schülerinnen und Schüler

Impuls ist als Erhaltungsgröße definiert

Versuch 1

Auf der (Luftkissen-)Fahrbahn steht ein Gleiter mit elastischen Prallfedern. Ein genau gleicher Gleiter stößt gegen ihn. Es handelt sich um einen elastischen Stoß zweier Gleiter gleicher Massen.

Das Ergebnis ist überraschend: Der stoßende Gleiter bleibt plötzlich stehen, der vorher stehende Gleiter wird mit - nach Augenmaß - gleicher Geschwindigkeit weggestoßen. Ein Messversuch mit zwei Lichtschranken zeigt auf dem Bildschirm tatsächlich (fast) gleiche Geschwindigekeiten vor und nach dem Stoß an.

Wird bei einem Stoß Geschwindigkeit an den Stoßpartner übergeben? Bleibt die Geschwindigkeit generell konstant?

Versuch 2

Inelastischer Stoß einer Masse gegen eine gleiche ruhende:

Die Prallfedern werden durch Klettverschlüsse ersetzt. Nach dem inelastischen Stoß haften beide Gleiter aneinander. Auf dem Bildschirm wird nur die halbe Geschwindigkeit angezeigt.

Nach dem Stoß bewegen sich beide zusammen (doppelte Masse) mit der halben Geschwindigkeit.

Geschwindigkeit wird offenbar nicht weitergegeben. Aber nach dem Stoß sind beide Gleiter zu einer doppelten Masse vereinigt. Dazu gehört dann die halbe Geschwindigkeit. Doppelte Masse - halbe Geschwindigkeit: Ist vielleicht das Produkt von Masse und Geschwindigkeit konstant?

Versuch 3

Ein inelastischer Stoß eines Gleiters mit einfacher Masse gegen einen ruhenden Gleiter doppelter Masse: Die vereinigten Gleiter haben nach dem Stoß zusammen die dreifache Masse im Vergleich zum stoßenden Gleiter. Und die Geschwindigkeit? Sie ist 1/3 der Anfangsgeschwindigkeit. Wieder ist das Produkt Masse· Geschwindigkeit konstant geblieben.

Versuch 4

Das gilt auch, wenn z.B. der stoßende Gleiter die doppelte Masse im Vergleich zum Stoßpartner hat. Dann ist das Produkt also 2· m· v. Und nach dem inelastischen Stoß, wenn der vereinigte Körper die dreifache Masse hat, zeigt der Bildschirm 2/3 der anfänglichen Geschwindigkeit an:  2· m· v = 3· m· 2/3· v .

Bei all diesen Versuchen ist das Produkt Masse x Geschwindigkeit beim Stoß konstant geblieben. Dieses Produkt muss offenbar eine besondere physikalischse Bedeutung besitzen. Es erhält deshalb einen eigenen Namen.Definition:

     Impuls p = m·v    

Die Gesetzmäßigkeit bei all diesen Stößen war also:

      Der Impuls bleibt bei einem Stoß konstant.  

Man sagt: Der Impuls ist eine Erhaltungsgröße.

Die Einheit des Impulses ist [p] = 1 kg·m/s = 1 N·s .

Auch ein elastischer Stoß zweier gleicher Massen, die beide vor dem Stoß in Bewegung waren zeigt die Impulserhaltung. Allerdings haben beide Gleiter vor dem Stoß je einen Impuls. Wir fassen sie zum Gesamtimpuls vor dem Stoß zusammen. Da sie sich entgegengesetzt bewegen, erhält der Impuls des Gleiters, der sich in negative Koordinatenrichtung bewegt, ein Minuszeichen. Genauso beobachten wir einen Gesamtimpuls nach dem Stoß. Gesamtimpuls ist jeweils die Summe aller Teilimpulse zu einem bestimmten Zeitpunkt.

Versuch 5

Elastischer Stoß gleicher Massen (für den Impuls ist jede Geschwindigkeit mit demselben Massenfaktor zu versehen):

Die beiden Gleiter laufen vor dem Stoß aufeinander zu, umgekehrt wie nach dem Stoß.

Also: In der obersten Zeile werden die Geschwindigkeiten auch vor und nach dem Stoß angezeigt, allerdings ohne Vorzeichen:

Gesamtimpuls vor dem Stoß (bis auf den Massenfaktor): - 0,187 m/s + 0,304 m/s = 0,117 m/s

Gesamtimpuls nachdem Stoß (bis auf den Massenfaktor):   0,299 m/s - 0,173 m/s = 0,116 m/s

Der IES für den Gesamtimpuls ist - auch nach dieser Messung - hervorragend erfüllt.

Impuls als Vektor

Der Impuls besitzt Betrag und Richtung. Er ist ein Vektor. Er hat die gleiche Richtung wie der Geschwindigkeitsvektor v.

    p = m·v  

Im letzten Versuch bei eindimensionalen Bewegungen längs der Fahrbahn konnten wir die Richtung durch positives oder negatives Vorzeichen ausdrücken. Im allgemeinen muss man Impulse vektoriell addieren.

Der Impuls p ist fundamentaler als m·v: Es gibt Fälle, wo ein Körper keine Masse hat und trotzdem ist  p =/= 0. Auch eine Lichtwelle oder Radiowelle (ohne Masse) überträgt einen Impuls, der nichts mit einer Masse zu tun hat.

Wegen Ekin = m/2·v2 = p2/2m kann man die kinetische Energie für m =/= 0 auch durch den Impuls ausdrücken.

Wozu gibt es außer der Energie noch eine weitere geschwindigkeitsabhängige Erhaltungsgröße? In der kinetischen Energie geht es nur um den Betrag der Geschwindigkeiten (v2 !). Hier geht es nicht um die Richtungen! Gerade aber die können bedeutsam sein, wie an den folgenden Bildern ersichtlich. Wenn ein Tennisball mit hoher Geschwindigkeit senkrecht auf eine Fensterscheibe trifft, wird er sie in der Regel zerstören. Bewegt er sich aber mit der gleichen kinetischen Energie an ihr vorbei, bleibt sie heil.

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Der allgemeine Impulserhaltungssatz

                 IES:  Der Gesamtimpuls eines Systems bleibt konstant, wenn keine äußeren Kräfte auf das System einwirken.          

Für den Gesamtimpuls sind die Einzelimpulse vektoriell zu addieren. Die Einschränkung (keine äußeren Kräfte) wurde gemacht, weil eine äußere Kraft selbstverständlich den Impuls eines Körpers ändern kann. Ein Beispiel: Ein Tennisball, auf den keine Gewichtskraft als äußere Kraft wirken würde, würde sich mit konstanter Geschwindigkeit geradeaus bewegen. Dann würde für ihn der IES gelten. Weil aber die Gewichtskraft als äußere Kraft wirkt, krümmt sich seine Flugbahn allmählich zum Boden (Richtungsänderung, also keine Impulserhaltung!) und der Tennisball schlägt schließlich auf.

Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, für die Stoßpartner vor dem Stoß Klein- bzw. Großbuchstaben zu verwenden (also einerseits m, v und p; andererseits M, V und P). Die entsprechenden Größen nach dem Stoß werden mit einem Strich versehen. Die folgenden Stöße kannst du mit unterschiedlichen Münzen auf einer glatten Tischoberfläche selbst durchführen.
Kleine Masse gegen große: die kleine Masse wird reflektiert, die große weggestoßen. Weil die kleine Masse nach dem Stoß einen Impuls umgekehrten Vorzeichens hat, muss die große Masse einen größeren Impuls P' aufnehmen.
Große Masse gegen kleine: Beide sind nach dem Stoß gleichgerichtet in Bewegung und nehmen deshalb jeweils einen Teil des anfänglichen Impulses auf.
Stoß einer Masse gegen eine gleiche ruhende: Diese übernimmt den ganzen Impuls (p' = p). Die anfangs bewegte Masse kommt zur Ruhe.
Stoß gegen eine feste Wand: die stoßende Masse wird reflektiert. Deshalb muss die Wand den doppelten Impuls P' = 2·p aufnehmen, auch, wenn die Masse so groß ist, dass sie sich nicht merklich in Bewegung setzt. Denn P' + p' = 2·p + (-p) = p. Wegen Ekin = P'2/2M (M => unendlich) nimmt sie dabei so gut wie keine kinetische Energie auf.

Wieder mit Hilfe eines Dreierschemas lassen sich mit dem IES Unbekannte vorhersagen:

Beispiele

1. Bei einem unelastischen Stoß laufen zwei Gleiter mit den gleichen Massen M = m = 0,1 kg und den Geschwindigkeiten v = 1 m/s, V = - 1,5 m/s aufeinander zu. Welche Geschwindigkeit v' haben die vereinigten Gleiter nach dem Stoß?

I Gesamtimpuls "am Anfang" m·v + m·V
II Gesamtimpuls "am Ende" m'·v'    (m' = 2·m)
III IES m·v + m·V =  m'·v'

Aufgelöst nach der Unbekannten v':   v' = m·(v + V)/m' = (v + V)/2 = (1 m/s - 1,5 m/s) /2 = - 0,25 m/s

Elastische und inelastische Stöße finden in großer Zahl zwischen den Atomen oder Molekülen eines Gases statt. Dort sind die Impulse aller Teilchen sehr unterschiedlich, aber im Mittel sehr klein. Bei einem Wasserstoff-Gas (H2) hat jedes Moleküle etwa eine Masse von 3,34 .10-27 kg und eine durchschnittliche Geschwindigkeit von z.B. 1200 m/s. Daraus ergibt sich dann ein Impuls von ca. 4·10-24 kg·m/s. Der Meteorit, der das Nördlinger Ries aushob, soll eine Masse in der Größenordnung von 10 t gehabt haben bei einer Geschwindigkeit von größenordnungsmäßig 30 km/s. Er stürzte also mit einem Impuls von ca. 3·108 kg·m/s auf die Erde.

2. Es gibt Situationen, bei denen der Impulserhaltungssatz gilt, nicht aber der Energieerhaltungssatz, wenn nichtmechanische Energie wie etwa Wärme bzw. innere Energie unberücksichtigt bleiben. Inelastische Stöße sind ein Beispiel dafür. Ein Teil der kinetischen Energie geht bei ihnen während des Stoßes als Wärme verloren.

Schau das Beispiel vom 2. Versuch an:

I Gesamtimpuls "am Anfang" m·v = m·0,108 m/s
II Gesamtimpuls "am Ende" m'·V' = 2·m·0,053 m/s
III IES m·0,108 m/s = 2·m·0,053 m/s

Der IES ist erfüllt.

I Gesamtenergie "am Anfang" m/2·v2= m/2·0,1082 m2/s2 = m/2·0,0117 m2/s2
II Gesamtenergie "am Ende" m'/2·V'2= 2·m/2·0,0532 m2/s2 = m/2·0,0056 m2/s2
III EES  m/2·0,0117 m2/s2 = m/2·0,0056 m2/s2  + Q

Der EES lässt sich nur erfüllen, wenn man eine Wärme Q berücksichtigt, die beim Stoß
in innere Energie der beiden stoßenden Gleiter umgewandelt wird. Tatsächlich wird ca.
die Hälfte der anfänglichen kinetischen Energie als Wärme abgegeben.

Bei elastischen Stößen muss aus dem IES auch der EES erfüllt werden. Das erschwert etwas die Rechnungen.

Impulserhaltung und Schwerpunktsystem

Einen Stoß kann von verschiedenen Standpunkten des Beobachters her beschreiben. Häufig wird ein Beobachter im Laborsystem gewählt, in dem möglicherweise beide Stoßpartner vor dem Stoß in Bewegung sind. Es könnte aber auch ein Beobachter gewählt werden, der sozusagen auf einer der beiden Massen sitzt. Für ihn ruht dann diese Masse. Besonders vorteilhaft ist es oft, sich einen Beobachter vorzustellen, der im gemeinsamen Schwerpunkt der beiden Massen ruht. Für ihn bleibt der Schwerpunkt immer in Ruhe. So ist der Schwerpunkt auch definiert: Bezogen auf ihn ist der Gesamtimpuls vor wie nach dem Stoß 0.

Bei zwei stoßenden Körpern müssen dann beide (im Schwerpunktsystem) vor dem Stoß entgegengesetzt gleiche Impulse haben. Das muss auch nach dem Stoß gelten. Was passiert dann beim Stoß? Jeder der beiden Teilimpulse kehrt seine Richtung um! (Die Summe der umgekehrten Impulse ist dann immer noch 0.) Du siehst Im Schwerpunktsystem verhalten sich die Impulse immer in der gleichen Weise und sehr einfach.

1. Beispiel:

gleiche Massen vL = 2 m/s VL = - 4 m/s  (L für "im Laborsystem gemessen")

Eigentlich kommt man ohne Rechnung aus. Man kann sich alle Werte an der Zeichnung überlegen.

Dann muss die Schwerpunktsgeschwindigkeit vS sein: vS = -1 m/s ; die Rechnung hätte das gleiche geliefert:

vS = (m·vL+ m·VL)/2m = (vL+VL)/2 = -1 m/s: Relativ zum Schwerpunkt gelten also die Geschwindigkeiten v = 3 m/s und V = -3 m/s.

Dann muss auch gelten: v' = - 3 m/s und V' = 3 m/s. (Gesamtimpuls im SPS = 0!)

Daraus ergeben sich die Geschwindigkeiten im Laborsystem:

vL' = vS + v' = - 4 m/s und VL' = vS + V' = 2 m/s: Beide Körper "tauschen" ihre Geschwindigkeiten aus.

Der EES ist auch erfüllt.

2. Beispiel:

M = 2m vL = 2 m/s VL = - 4 m/s

Man kann fast schon raten, was dann die Schwerpunktsgeschwindigkeit ist:

vS = (m·vL+ 2m·VL)/3m = (vL+2VL)/3 = -2 m/s

Vor dem Stoß gilt im Schwerpunktssystem : v = vL - vS = 4 m/s und V = VL - vS = - 2 m/s.

(Gesamtimpuls im SPS = 0!)

Nach dem Stoß im Schwerpunktsystem:

v' = - v = - 4 m/s und V' = - V = 2 m/s

Dementsprechend betragen die Geschwindigkeiten nach dem Stoß im Laborsystem:

vL' = vS + v' = - 6 m/s und VL' = vS + V' = 0 m/s:

Der Körper mit der Masse m  trägt jetzt den gesamten Impuls nach dem Stoß in negative Richtung, also in die Richtung der größeren Masse, die vor dem Stoß auch noch schneller war und den deutlich überwiegenden Impuls hatte.

Die ausschließliche Rechnung im Laborsystem hätte das gleiche geliefert.

Du kannst dich überzeugen, dass der EES auch erfüllt ist.

Bilanzcharakter des IES

Der Impulserhaltungssatz wird in der Regel eingesetzt, wenn man Impulse lange vor einem Ereignis (z.B. einem Stoß) mit Impulsen lange nach dem Ereignis vergleichen möchte. Was zwischendurch passiert, welche Kräfte im Einzelnen wirken, interessiert dabei nicht.

Ähnlich wie beim Energieerhaltungssatz ist das die Aussage der Impulsbilanz.

Sie ermöglicht es, aus dem Gesamtimpuls vor dem Stoß mit einem Minimum an Kenntnissen auf ein Maximum von Kenntnissen über den Gesamtimpuls nach dem Stoß zu schließen.

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Eine Messung mit einem Sonarmeter zeigt aber, dass der IES während des ganzen Stoßvorgangs zu jedem Zeitpunkt gilt:

Versuch 6

Mit zwei Sonarmetern  werden die Geschwindigkeiten beider Gleiter auf einer Luftkissenfahrbahn auch während des Stoßes vorzeichenrichtig gemessen.

Wenn beide Gleiter gleiche Masse haben, entspricht die Geschwindigkeitssumme der Impulssumme.

Abgesehen von kleinen Messfehlern ist danach der Gesamtimpuls (mittlere Kurve nahe Zeitachse) während des ganzen Vorgangs konstant.

Hier handelt es sich offenbar um einen Stoß zweier gleicher Gleiter, die fast gleich schnell aufeinander zu fahren und sich nach dem Stoß fast gleich schnell wieder voneinander entfernen. Der Gesamtimpuls ist während des ganzen Vorgangs fast 0.