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SG069 Wellenmodell des Lichts

© H. Hübel Würzburg 2013

Strahlenmodell des Lichts

Teilchenmodell des Lichts 

Glossar

Physik für Schülerinnen und Schüler

(1) Um 1800 hatte der englische Arzt Thomas Young erstmals einen Doppelspaltversuch mit Licht durchgeführt und dabei Interferenz beobachtet. Da lange Zeit Interferenz als untrügliches Kennzeichen eines "Wellencharakters" angesehen wurde, entstand die Meinung "Licht ist eine Welle". Das lag im Widerspruch zu Newton's Spekulation "Licht ist ein Strom von Lichtteilchen". Youngs Experiment schien für die Wellenvorstellung entschieden zu haben. Dann aber wurde der Fotoeffekt um 1905 durch Einstein sehr erfolgreich mit Lichtquanten oder Photonen gedeutet. Photonen sind wieder etwas ähnliches wie Lichtteilchen; sie haben aber Eigenschaften, die sie von Newton's Lichtteilchen deutlich unterscheiden.

In heutiger Sprechweise würden wir sagen, dass Licht-Energie nicht gleichzeitig im Raum verteilt sein kann (Welle) und in Photonen konzentriert sein kann. Solange man diese beiden Ansichten nicht unter einen Hut bringen konnte, einigte man sich auf den vorläufigen Kompromiss, beide Aspekte als unterschiedliche Modelle vom Licht anzusehen. Jedes für sich schien geeignet zu sein, einige Teilerscheinungen beim Licht plausibel zu machen oder zu "erklären". Für andere schien sich eher das konkurrierende Modell zu eignen.

Nach dem  klassischen Wellenmodell von Licht "ist" also Licht eine elektromagnetische Welle aus räumlich und zeitlich veränderlichen elektrischen und magnetischen Feldern sehr hoher Frequenz und kleiner Wellenlänge (sichtbares Licht ca. 400 nm - 700 nm). Es gibt kohärentes Licht mit sehr langen Wellenzügen (bis einige 100 m in einer Lasermode) und es gibt thermisches Licht mit kurzen Wellenzügen (typisch 1 cm - 1 m). Es gibt polarisiertes Licht mit einer bestimmten Schwingungsrichtung und es gibt thermisches Licht, in dem viele kurze Wellenzüge "durcheinander schwirren" mit den unterschiedlichsten Schwingungsrichtungen. Dieses Modell vom Licht war extrem erfolgreich bei der Erklärung der vielfältigsten Interferenzversuche.


(2) Seit Entwicklung der Quantentheorie wissen wir mehr darüber, wie wir Licht theoretisch zu beschreiben haben. Wir kennen den Zusammenhang von elektrischen und magnetischen Felder mit Photonen und wissen, dass die Felder eng mit Wahrscheinlichkeiten zusammenhängen für das Ergebnis von Messungen an Photonen. So ist das Amplitudenquadrat (Betragsquadrat) der beiden Feldstärken nicht nur ein Maß für die Energiedichte der Lichtstrahlung in der Umgebung eines Orts x, sondern auch für den Erwartungswert für die Zahl von Photonen, die wir in einem kleinen Volumen um x nachweisen können. Je größer das Amplitudenquadrat der Lichtwelle ist, desto größer ist die mittlere Zahl der nachgewiesenen Photonen. Damit lässt sich Interferenz sowohl mit Photonen als auch mit Wellen erklären. Und dass im Fotoeffekt die Photonenenergie E = h·f nur von der Lichtfrequenz f abhängt, der Fotostrom aber von der "Intensität" des Lichts (also von der Zahl der Photonen), passt in dieses Bild.

Es stellte sich auch heraus, dass Interferenz bereits mit einzelnen Photonen beobachtet werden kann, die nach und nach in großen Zeitabständen aus der Lichtquelle treten ("Ein-Teilchen-Interferenz"). Es gibt Lichtquellen, die einzelne Photonen "auf Kommando" ausstrahlen, und es gibt Messgeräte, mit denen einzelne Photonen registriert werden können. Für Nachweis-Wahrscheinlichkeiten bzw. die Energiedichte sind wieder die quantentheoretisch formulierten elektrischen und magnetischen Felder zuständig.

Quantenobjekte (wie Photonen) sind aber weder (klassische) Teilchen noch Wellen.


(3) Seit 1963 (Glauber) kennen wir den Zusammenhang zwischen Photonen und klassischen elektromagnetischen Wellen genauer. Glauber fand bestimmte quantenphysikalische Zustände mit un-be-stimmter Photonenzahl. Un-be-stimmt heißt hier, dass ohne eine Messung die Photonenzahl keine Eigenschaft des Systems ist; bei Messungen ergeben sich also streuende Photonenzahlen. Trotz dieser Un-be-stimmtheit ist es eine Eigenschaft dieser "kohärenten Zustände" (Glauber-Zustände), dass es einen festen Erwartungswert für die Photonenzahl bei einer Messung gibt. Glauber zeigte, dass der Erwartungswert (so etwas wie der Durchschnittswert) für die elektrische und für die magnetische Feldstärke für solche Zustände übereinstimmt mit der elektrischen und magnetischen Feldstärke in einer klassischen Lichtwelle, wie sie etwa in einer Lasermode enthalten ist. Das gilt unabhängig vom Erwartungswert der Photonenzahl in dieser Lichtwelle, selbst dann, wenn er kleiner als 1 ist! Aber die einzelnen Messwerte für E und B streuen um die Erwartungswerte. Sind die Erwartungswerte sehr groß, sind auch die Streuungen sehr groß. Aber sie fallen im Vergleich zu den Erwartungswerten kaum mehr ins Gewicht. Solche Zustände lassen sich von elektromagnetischen Wellen kaum unterscheiden.

Würde man dagegen von irgendeinem beliebigen Zustand mit be-stimmter Photonenzahl (z.B. 1 oder 1010 oder sonst etwas) die Erwartungswerte für E und B berechnen, würde man immer 0 finden, also ganz anders als bei klassischen elektromagnetischen Wellen.

  • Elektromagnetische Wellen (quantentheoretisch modifiziert) sind zuständig für Wahrscheinlichkeiten bei Messungen an Photonen.
  • Kohärente Zustände mit beliebigem Erwartungswert der Photonenzahl verhalten sich ähnlich wie klassische elektromagnetische Wellen (sofern man die Erwartungswerte im Auge hat). Sie unterscheiden sich durch die streuenden Messwerte.
  • Zustände mit be-stimmter (beliebiger) Photonenzahl (auch bei extrem hoher Photonenzahl) zeigen nie das Verhalten einer klassischen elektromagnetischen Welle. Eine klassische elektromagnetische Welle kann kein "Modell" für ein Photon sein.
  • Für relativ einfache Situationen kann man das klassische Wellenmodell des Lichts benutzen zur Vorhersage für den Ausgang vieler Versuche, insbesondere bei Interferenz- und Polarisationsversuchen.

Bei kohärenten Zuständen können die Erwartungswerte für die elektrische wie für die magnetische Feldstärke sinusförmig von Zeit und Ort abhängen, genauso wie man es für klassische elektromagnetische Wellen erwartet. Um diese Erwartungswerte sind jedoch starke Streuungen zu beobachten. Je höher der Erwartungswert der Photonenzahl, desto weniger fallen diese Streuungen im Vergleich zu den Erwartungswerten ins Gewicht.

Kohärente Zustände mit extrem großem Erwartungswert der Photonenzahl können von klassischen elektromagnetischen Wellen in einer Lasermode kaum unterschieden werden. Die Erwartungswerte von E und B verhalten sich dann wie einer klassischen elektromagnetischen Welle und die statistischen Streuungen sind im Vergleich zu den großen Erwartungswerten von E und B nicht zu beobachten. Obwohl auch eine klassische sinusförmige Radiowelle "aus Photonen besteht", kann man deshalb ihren Quantencharakter nicht nachweisen. Sie genügt der klassischen Physik und der Quantenphysik zugleich.