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SG001 Ort / Weg

© H. Hübel Würzburg 2013

Geschwindigkeit

Koordinaten

Glossar

Physik für Schülerinnen und Schüler

Bis ins Mittelalter hinein konnte man Bewegungen nur durch die Angaben "schneller" oder "langsamer" beschreiben. Mit solchen vagen Aussagen konnte man Bewegung nicht vernünftig verstehen. Erst nachdem ein Bischof, Nikolaus von Oresme, im 14. Jahrhundert vorgeschlagen hatte, Bewegungen durch die Veränderung von Koordinaten zu beschreiben, war ein Fortschritt möglich. 300 Jahre später war Newton damit in der Lage, erstmals in der Geschichte der Menschheit, zu einem exakten und vollständigen Verständnis eines Teilgebiets der Physik zu kommen, der Mechanik.

Früher stellte man - nach dem Vorschlag von Nikolaus von Oresme und Descartes - mathematisch und mit Hilfe von Graphen Geschwindigkeiten v und zurückgelegte Wege s in Abhängigkeit von der Zeit dar. Man stellte sich vor, dass die Bewegung zu irgendeinem Zeitpunkt beginnt, heute würden wir das die Zeit 0 nennen, und dass man untersucht, welche Strecke oder welchen Weg s von da aus der bewegte Körper bis zu einem anderen Zeitpunkt, t, zurückgelegt hat.


Wenn du dich mit einer Freundin oder einem Freund treffen möchtest und sagst nur, wir wollen uns nach einem Weg s = 2 km um 3 Uhr treffen, verfehlt ihr euch höchstwahrscheinlich. Denn niemand kann sich allein auf diese Aussage hin vorstellen, in welcher Richtung sich der Treffpunkt befindet. Das gilt sogar bei einer eindimensionalen (linearen) Bewegung: Auf welcher Seite des Startpunkts soll denn der Treffpunkt liegen?

Die Angabe eines "zurückgelegten Weges s" hilft deshalb nur in Ausnahmefällen weiter.

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Heutzutage beschreibt man Bewegungen lieber mit dem Ort x, der zur Zeit t erreicht ist. Und weil sich der Körper  i.A. in verschiedene Richtungen des Raums bewegen kann, wird der "erreichte Ort" durch die drei Koordinaten x, y, z im Raum beschrieben. Mathematisch fasst man die drei Koordinaten zu einem Vektor x, dem Ortsvektor, zusammen. Die Vektoreigenschaft wird durch Fettdruck ausgedrückt, besonders in handschriftlichen Texten zeichnet man über das Symbol x einen kleinen Pfeil, etwa so:

Wenn man dann eine Bewegung durch den Ort in Abhängigkeit von der Zeit beschreiben möchte, schreibt man x(t).

positive_negative_Koordinaten Bei einer eindimensionalen (linearen) Bewegung gibt es nur zwei Möglichkeiten, in die der Ortsvektor x (rot oder blau) zeigen kann.

Führt man ein Koordinatensystem mit Koordinatenursprung und positiver Koordinatenrichtung ein, kann man zwischen beiden Richtungen durch das Vorzeichen der Koordinate x unterscheiden.*)

Ortsveränderung und Weg Zur Zeit t1 soll sich der Körper bei P(t1) befinden, zur Zeit t2 bei P(t2). Die Spitze des Ortsvektors x hat sich dabei von P(t1) nach P(t2) fortbewegt. O ist der gemeinsame Koordinatenursprung, an den alle Ortsvektoren "angeheftet" sind.

Eine Bewegung beginnt in der Regel irgendwo, an einem so genannten Anfangsort x0. Das könnte der Ort zu einer Zeit t0 sein. Häufig wählt man
t0 = 0. Dann wird zu diesem Zeitpunkt die Anzeige der Uhr auf 0 gestellt.

Natürlich kann man auf eine der Koordinaten  des Vektors x verzichten, wenn die Bewegung z.B. ausschließlich auf einer Tischplatte erfolgt (Bewegung in einer Ebene). Man kann auf 2 Koordinaten verzichten, wenn die Bewegung längs einer geraden Schiene oder einer Fahrbahn erfolgt (geradlinige Bewegung). Es verbleibt aber mindestens eine Koordinate, die sich im Lauf der Zeit t verändert. Sie wird in der Regel x(t) (ohne Vektorzeichen) genannt.

In manchen Schulbüchern ist auch heutzutage noch die Rede vom "zurückgelegten Weg s". Damit verwirren solche Autoren manchmal ihre Leser, indem sie dann eigentlich - korrekt - die Ortskoordinate x oder den Ortsvektor x meinen. Andere Schulbücher aber meinen wirklich, was sie sagen. Sie sind in dieser Hinsicht einfach nicht up-to-date.

        Bewegungen werden durch die Angabe des Ortsvektors x (bzw. der Ortskoordinate x) im Laufe der Zeit beschrieben.    

Fahrbahn-Versuch mit Koordinatensystem

Während "Wege" eigentlich nur 0 oder positiv sein können, kann eine Ortskoordinate auch negativ sein. Das setzt voraus, dass vor der Beschreibung oder Untersuchung einer Bewegung ein Koordinatenursprung  vereinbart wurden, bei einer linearen Bewegung auch eine positive Koordinatenrichtung. Das kann ganz willkürlich geschehen, aber häufig vereinfacht eine bestimmte Wahl die Überlegungen sehr stark. Ein Beispiel zeigt das Foto oben.

Im Foto wird mit zwei Lichtschranken die Laufzeit des Gleiters von der ersten zur zweiten Lichtschranke gemessen und die Geschwindigkeit beim Durchtreten durch die zweite Lichtschranke. Mit dem Interface rechts (schwarzes Kästchen) werden die Zeitmessungen vorgenommen.

In der Regel muss vor der Untersuchung einer Bewegung ein Koordinatenursprung und eine positive Koordinatenrichtung vereinbart werden.

Ist das geschehen, bedeutet eine positive Ortskoordinate, dass sich der Körper in positive Koordinatenrichtung vom Ursprung entfernt hat, eine negative Ortskoordinate, dass der Körper entgegengesetzt dazu vom Ursprung entfernt ist.

In vielen Fällen braucht man die 3 Koordinaten gar nicht zu kennen, sondern kann - viel einfacher - mit dem Ortsvektor x allein schon - "koordinatenfrei" - argumentieren. Dabei sind andere Vektoren wie der Geschwindigkeits- oder der Beschleunigungsvektor, v bzw. a, besonders nützlich.


*) Bei einer eindimensionalen Bewegung legt man einen Einheitsvektor ex fest, der den Betrag 1 hat und längs der positiven Koordinatenrichtung orientiert ist. Für den Ortsvektor x gilt dann:    x = x · ex .   x  ist die Koordinate des Ortsvektors, die positiv und negativ sein kann. Ganz entsprechend: v = v · ex , a = a · ex .