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H. Hübel Würzburg 2013
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Ursprünglich wurden Elektrizität und Magnetismus als zwei getrennte, völlig unterschiedliche Erscheinungen betrachtet. Deswegen war und ist es in bestimmten Situationen sinnvoll, ein elektrisches Feld klar von einem magnetischen Feld zu unterscheiden.
Nachdem James Clark Maxwell um 1870 eine Theorie der Elektrizität und des Magnetismus formuliert hatte, entstand immer mehr der Verdacht, dass elektrisches und magnetisches Feld verschiedene Aspekte eines gemeinsamen Feldes, des elektromagnetischen Feldes, sind. Durch die spezielle Relativitätstheorie (RT) Einsteins wurde das endgültig bestätigt.
Beispiele sollen den Zusammenhang plausibel machen:
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1. Betrachte ein Elektron, das im Vergleich zu dir ruht. Du und die Gegenstände, die um dich herum ruhen, sind Teil deines "Bezugssystems" (BZS). Du weißt, dass von dem ruhenden Elektron allein ein elektrisches Feld ausgeht, ein Coulombfeld. Du wirst jetzt der "Beobachter A" genannt. Also: Der Beobachter A stellt allein ein elektrisches Feld fest.
Ein anderer Beobachter B, der im Vergleich zu dir und zum Elektron in Bewegung ist, beobachtet dagegen ein bewegtes Elektron, also auch einen elektrischen Strom, der bekanntlich ein Magnetfeld erzeugt (wenn auch wohl ein sehr schwaches). Über ein und dieselbe Situation kommen die beiden Beobachter zu unterschiedlichen Aussagen: Beobachter A stellt nur ein elektrisches Feld fest, Beobachter B ein elektrisches Feld und ein magnetisches Feld.
(Nach der RT haben sie beide recht, weil sie ihre Aussagen für verschiedene Bezugssysteme machen.)
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2. Beispiel Lorentz-Kraft
Ein geradliniger Leiterstab "bewege sich in einem
Magnetfeld" quer zu seiner Längsrichtung. So würde ein Beobachter
A die Situation formulieren, der in seinem BZS das Magnetfeld B
misst. Freibewegliche Elektronen im Leiter werden mit dem
Leiter mitbewegt. Sie bewegen sich aus Sicht des Beobachters A in
einem Magnetfeld B, erfahren also eine (magnetische)
Lorentz-Kraft, die sie an das eine Ende des Leiterstabs drängt. Dieses
eine Ende lädt sich negativ auf, das andere positiv.
Ein Beobachter B dagegen, der sich mit dem Leiterstab mitbewegt, sieht ruhende Elektronen, stellt also keine Lorentz-Kraft fest. Er bemerkt aber, dass - z.B. durch Induktion - ein elektrisches Feld E im Leiter entsteht, das die Elektronen an das gleiche Ende des Stabs drängt.
So gelang mit der Maxwellschen Theorie erstmals eine Vereinheitlichung unterschiedlicher Phänomene. Beide sind in der korrekten mathematischen Beschreibung des elektromagnetischen Feldes durch die Maxwell-Gleichungen enthalten. Beide Felder, E und B, lassen sich mathematisch aus einheitlichen Größen des elektromagnetischen Felds gewinnen (für fortgeschrittene Leser: Potenzial φ und Vektorpotenzial A), die du in der Schule höchstwahrscheinlich nicht kennen lernen wirst.
3. Magnetische Wechselwirkung von Elektronen durch Spin
Wie man seit fast 100 Jahren weiß, tragen Elektronen
nicht nur eine elektrische Ladung, sondern auch einen Spin (mit dem
Betrag 1/2 h = 1/2 · h/(2·π). Der Spin ist eine
klassisch nicht existierende Eigenschaft von Teilchen in der Welt der
Atome, die einem klassischen Drehimpuls ähnelt.
Nicht ganz korrekt wurde der Spin als Folge einer "Eigendrehung" des
Elektrons gesehen (Spin = "Eigendrehimpuls". Aber was sollte die
räumliche Drehung eines punktförmigen Elektrons bedeuten?) Mit
Sicherheit ist aber der Spin mit einem kleinen "magnetischen Moment"
verbunden. Wir können uns also vorstellen, dass sogar von einem
ruhenden Elektron neben dem elektrischen Feld auch ein schwaches
Magnetfeld ausgeht, das mit dem magnetischen Feld eines anderen
Elektrons wechselwirkt.
So können also zwei Elektronen (oder andere geladene Teilchen) über ein elektromagnetisches Feld miteinander wechselwirken, also Kräfte aufeinander ausüben. In der Quantentheorie wird auch diese Wechselwirkung durch den Austausch von Photonen beschrieben. *)
Photonen sind ungeladene Teilchen ohne
(Ruhe-)Masse, die die elektromagnetische Wechselwirkung zwischen
elektrischen Ladungen vermitteln. Photonen haben den "ganzzahligen"
Spin h im Unterschied zu Elektronen mit einem
"halbzahligen" Spin 1/2 h .
Es ist auch gelungen, eine einheitliche Theorie für die elektromagnetische und die schwache Wechselwirkung zu finden. Letztere ist für den Betazerfall bestimmter radioaktiver Kerne zuständig. Sheldon Glashow, Abdus Salam und Steven Weinberg erhielten für ihre Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung (WW) im Jahre 1979 den Nobelpreis, Carlo Rubbia und Simon van der Meer 1984 für den experimentellen Nachweis der Feldteilchen W+, W- und Z, die die schwache Wechselwirkung vermitteln.
Es sind weit fortgeschrittene Bestrebungen im Gange,
auch die starke WW mit den übrigen WW bei sehr hohen Energien zu
vereinigen (Grand Unified Theory, GUT). Gesucht ist auch eine "Theory
of Everything" (TOE), die auch die Gravitation einbezieht. Dazu gibt
es verschiedene Vorschläge; die Physiker glauben sich auf einem guten
Weg dorthin, aber die Gravitation widersetzt sich bisher stark einer
Vereinheitlichung.
*) Hinweis:
Diese Art der Spin-Spin-Wechselwirkung ist aber sehr schwach, das Magnetfeld klein. Sie ist nicht die Ursache für das Ausrichten der Spins in einem Permanentmagneten. Dafür ist vielmehr eine "Austauschwechselwirkung" der Spins verantwortlich. Das ist ein Quanteneffekt, der mit der elektrischen Ladung der Elektronen zusammen hängt.
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( November 2013 )